Go far, Go alone
Bali war meine erste richtige Soloreise, abgesehen von einem zweitägigen Stopover in L.A. Ich hatte mich davor unheimlich auf die Erfahrung gefreut und in stressigen Situationen davor oft gedacht: „Ach wäre ich nur schon unterwegs und könnte tun und lassen, was ich wollte.“
Ich hatte mich auch so eingeschätzt, dass es mir nichts ausmachen würde. Wieso auch, war ich meistens diejenige die unerschrocken, die sich in jedes Abenteuer gestürzt hat und nie Probleme hatte, den Mund aufzumachen.
Tja und dann kam Bali. Der Flug war noch supereasy, alleine Fliegen kannte ich schon und generell fühle ich mich an Flughäfen immer recht sicher. Dann die erste Zwischenübernachtung in Kuta. Schon im Taxi hatte ich drei Millionen Ängste und als der Fahrer dann endlich das Hotel gefunden hatte, war ich das reinste Häufchen Elend. Aber gut es war nur eine Nacht, am nächsten Tag sollte es in mein schönes AirBnB gehen nach Ubud.
Sagen wir so, ich habe eine ganze Weile gebraucht, um mit dem Soloreisen warm zu werden. In den ersten Tagen war mein Standardsatz zu jedem, der sich nach meinem Wohlergehen erkundigt hatte: „Ich glaube, ich bin ein Rudeltier, ich hasse es allein zu sein.“
Das Problem war nicht das alleine sein an sich, ich hatte kein Problem alleine essen zu gehen oder alleine umherzuwandern. Das Problem war, dass ich auf einmal unglaubliche Angst bekam, und zwar vor allen möglichen Dingen, die mir normal keine Angst machen. In der Gruppe oder zu zweit habe ich mich immer stark gefühlt aber nun so ganz „mutterseelenallein“ in einem fremden Land, ganz offensichtlich nicht mehr.
Ich sag’s euch Leute, ich hatte Angst vor Straßenhunden, Angst vor Mückenstichen, Angst vor Malaria, Angst im dunkeln, Angst Roller zu fahren, Angst auf andere Leute zuzugehen und Angst etwas zu verpassen, weil ich so viel Angst hatte.
Es waren einfach so viele Dinge, bei denen ich normalerweise total entspannt bin. Also blieb mir nichts anderes übrig mich meinen Ängsten zu stellen – und zwar allein. Und als so ein paar Tage vergingen, mich noch kein Hund angegriffen hatte und ich von den paar Stichen auch kein Malaria bekommen hatte, begriff ich langsam, dass meine Ängste völlig unbegründet gewesen waren, und entspannte mich ein bisschen.
Doch da war noch eine große Angst, die es zu bewältigen galt:
das Rollerfahren. In Bali oder generell in Asien, ist der Roller ja das Fortbewegungsmittel Nummer eins. Vor Bali saß ich dreimal selbst auf dem Roller. Hatte mich extra zum Üben getroffen, da ich vor ein paar Jahren auf Samoa, nun ja, eher schlechte Erfahrungen mit dem Roller fahren gemacht hatte. Deshalb sollte es auf Bali nicht so enden.
Also Roller gemietet, mir alles erklären lassen und auf in den Linksverkehr. Sagen wir so, ich kam bis zu ersten Kreuzung, hätte rechts abbiegen sollen, leicht bergauf, habe stattdessen fast ein Auto gerammt und bin in Tränen ausgebrochen. Tja dummerweise war ich ja alleine, also hat alles nichts geholfen und ich musste weiter. An dem Tag bin ich zu ein paar Wasserfällen gedüst und mit jeder Fahrt wurde ich etwas sicherer. Und abends war ich stolz wie Bolle, den Tag unbeschadet überlebt zu haben.
Ab da ging es dann wirklich bergauf, ich hatte mich meiner schlimmsten Angst gestellt, nicht Roller fahren können und damit nicht alleine vom Fleck zu kommen. Auf Nusa Penida habe ich mich dann aber doch noch mal einem etwas erfahreneren Fahrer anvertraut, da die Straßen dort echt nichts für blutige Anfänger sind.
Aber was soll ich sagen, sechs Wochen später auf Laos, ist mir das Rollerfahren in Fleisch und Blut übergegangen und ich hab uns fleißig über Buckelpisten und durch Matschlöcher manövriert.
Und jetzt mit etwas Abstand kann ich über all diese Ängste schmunzeln und freue mich, dass ich mich ihnen gestellt habe.
Und wisst ihr was, ich vermisse das Roller fahren sogar ein bisschen.
Dieser Fetzen Freiheit, der einem um die Nase weht, wenn man unter Palmen am Meer entlang düst.
Was ich mit dieser Geschichte sagen möchte? Zusammen reisen ist toll, und mag ich auch lieber, einfach weil man seine Erlebnisse teilen kann und immer jemand da ist. Alleine reisen ist aber auch schön und unglaublich wertvoll für die eigene Entwicklung, man entdeckt nicht nur neue Ängste, sondern lernt auch, sich ihnen zu stellen und das ist ein verdammtes gutes Gefühl.